The cycle of life –
der Zyklus der Entwicklung nach Pamela Levin.

In den 80er Jahren entwickelte Pamela Levin, basierend auf Eric Bernes Skript-Theorie, die «Cycle of Life»-Theorie. Darin beschreibt sie sechs wiederkehrende Entwicklungsphasen, welche ein Mensch in seinem Leben immer wieder durchläuft.

Pamela Levin, Schülerin von Eric Berne, erkannte in den 80er Jahren die Bedeutung der Skript-Theorie von Berne und erachtete es als wichtig, die allgemeine menschliche Entwicklung zu verstehen, um darauf aufbauend nachvollziehen zu können, wie ein Skript entsteht. In ihren Studien und Beobachtungen in ihren TA-Gruppen stellte sie fest, dass Menschen im gleichen Alter oft ähnliche Entwicklungsaufgaben haben, die sich jedoch in kurzen Abständen stark unterscheiden können. Inspiriert vom Zyklus der Natur mit seinen Jahreszeiten erkannte Levin, dass auch Menschen solche Zyklen in sich tragen und in wiederkehrenden Entwicklungsphasen leben, die emotionale, kognitive und physische Aufgaben beinhalten.

Diese Überlegungen bildeten die Grundlage ihrer Theorie des «Cycle of Life», in welcher sie sechs Phasen beschreibt, die Menschen jeweils durchlaufen und die sich im späteren Leben immer wieder wiederholen. Dabei betonte Pamela Levin, dass unser Leben entsprechend zyklisch verläuft und wir immer wieder den gleichen Entwicklungsthemen, jeweils in abgewandelter Form, begegnen. 1984 wurde Pamela Levin für ihre Theorie mit dem Eric Berne Memorial Scientific Award ausgezeichnet. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen beschrieben:

Phase 1: Sein (englisch: «Being») – 0–6 Monate

In dieser Phase ist es die Aufgabe des Kindes, erstmals einfach da zu sein, sich in der Welt zu fühlen und seine Bedürfnisse befriedigt zu bekommen. Das Baby wird herumgetragen, es darf einfach sein, die Welt auf der Haut fühlen, die Nähe zur Mutter spüren. Zentral für diese Phase sind der Kontakt zur Mutter und das Fühlen.

In der Umsetzung bedeutet das beispielsweise, dass wir in einem TA Schweiz Seminartag die Teilnehmenden dazu einladen, zunächst in Ruhe anzukommen. Sie haben die Möglichkeit, sich umzusehen, wahrzunehmen, wer anwesend ist, und langsam erste Kontakte zu knüpfen. Dabei steht es jedem offen, den Kontakt zu den anderen Teilnehmenden so zu gestalten, wie es für ihn oder sie angenehm ist. Wichtig ist, dass jeder die Zeit und den Raum bekommt, einfach sein zu dürfen, anzukommen.

Phase 2: Tun (englisch: «Doing») – 6–18 Monate

Das Kind fängt an, die Welt zu erkunden, zu erfahren, was eigentlich passiert, wenn es den Ball fallen lässt – dabei geht es um das Erlernen von Aktion und Reaktion, um das Erfahren, selbst etwas zu tun. Auch analysiert das Kind die Welt und seine Beteiligten (Eltern, Geschwister, Bekannte) sowie deren Beziehungen untereinander präzise. Es «erforscht» mögliche und sinnvolle Handlungsstrategien auf kindlich-magischem Niveau. In dieser Phase wird die Grundentscheidung getroffen, inwiefern das Kind sich mit seinen Fähigkeiten und Grenzen zeigen darf.

In den Seminaren lässt sich gut beobachten, wenn die erste Phase abgeschlossen ist und die zweite Phase beginnt: Teilnehmende fangen beispielsweise an, auf ihren Stühlen herumzurutschen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass sie bereit sind, aktiv zu werden. In dieser Phase werden die Teilnehmenden dazu eingeladen, sich vorzustellen oder ein Bild auszuwählen – sie kommen ins Tun. In dieser Phase beginnt der Prozess der Orientierung in der Welt, in diesem Kontext in den TA Seminartagen.

Phase 3: Denken (englisch: «Thinking») – 18 Monate bis 3 Jahre

Die Aufgabe des Kindes in dieser Phase ist es, ein Gefühl der Unabhängigkeit zu entwickeln. Dies gelingt, indem es beginnt, sich mit einer inhaltlichen Sache auseinanderzusetzen. Das Kind entwickelt so ein Bild über die Welt, die es ausprobiert. Die Unterscheidung zwischen Ich und Du, zwischen Mein und Dein ist in diesem Stadium wichtig. Wo und wie sind die Grenzen der Welt? Geben sie genug Raum für eigenes Handeln, und sind sie tragfähig? Kinder sollen darin unterstützt werden, «nein» zu sagen und sich auch klar abzugrenzen. «Ich höre dein Nein» gibt dem Kind ein Gefühl des Gesehen- und Gehörtwerdens.

Dieser Schritt spiegelt sich im 101-Einführungskurs dem 101-Kurs wider, indem das erste Modell vorgestellt wird – das erste Mal, dass sich die Teilnehmenden mit einem theoretischem Inhalt befassen.

Phase 4: Identität (englisch: «Identity») – 3–6 Jahre

Das Kind, das sich in der Welt ausprobiert hat, entwickelt nun ein Bild von sich selbst. «Ich bin ich und du bist du», «Ich bin ein Mädchen und du bist ein Junge» sind zentrale Entwicklungsthemen in diesem Stadium. Kinder gehen in dieser Phase Beziehungen ein und werden in diesen aktiv – «Ich gehe mit dir in Kontakt und erlebe deine Reaktion.» Dabei geht es im Besonderen um die Frage: «Wie bin ich in dieser Welt?» Die Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil und die Auseinandersetzung mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil werden ein bedeutsamer Teil des Selbstbildes.

In Seminaren, um wieder das Beispiel des 101-Kurses aufzugreifen, befinden wir uns in dieser Phase, wenn die Teilnehmenden sich intensiver mit den vorgestellten Modellen auseinandersetzen und hinterfragen: «Wie ist das für mich?» Eventuell äussern gewisse Teilnehmenden auch, dass dieses Modell für sie persönlich nicht passt. Hier ist es wichtig, nachzufragen: «Wie ist es denn für dich?»

Phase 5: Fertigkeiten (englisch: «Skills») – 6–18 Jahre

In den vorangegangenen Phasen hat das Kind die Kraft zum Handeln, Denken und eine eigene Identität entwickelt. Nun beginnt es, seinen Platz in der Welt einzunehmen und seine Fähigkeiten in der Familie, in der Schule und in anderen sozialen Kontexten anzuwenden.

Die Entwicklungsaufgabe in dieser Phase besteht darin, ein eigenes Wertesystem zu entwickeln, das zu den persönlichen Zielen passt. Es geht darum, den eigenen Weg zu finden und sich die Dinge auf eigene Weise anzueignen. Es auf meine eigene Art zu machen.

Fehler in dieser Phase sind nicht nur erlaubt, sondern notwendig. Es geht auch darum zu lernen, wie man streitet, sich behauptet und zu seiner eigenen Meinung steht. Nach der Phase «Ich bin ich und du bist du» wird nun weiter daran gearbeitet, die eigene Position zu finden, auch wenn diese von anderen abweicht.

In den Seminartagen beginnen die Teilnehmenden beispielsweise anhand des «OK Korral», ihre persönlichen Erfahrungen reflektieren: Zum Beispiel könnte jemand erzählen, dass die Mutter eine +/– Rolle eingenommen hat. Die lehrende Transaktionsanalytikerin würde dann fragen: «Und was bedeutet das nun für dich in deinem Leben? Welche Alternativen gibt es für dich?» Hier beginnt die Arbeit an der eigenen Position und den Möglichkeiten, diese in der Welt zu vertreten – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Selbstbestimmung.

Phase 6: Integration (englisch: «Integration») – 13–18 Jahre

In dieser Phase geht es vordergründig darum, die vorherigen Entwicklungsstufen 1 bis 5 nochmals im Schnelldurchlauf zu durchlaufen und dadurch Entwicklungsaufgaben, die zuvor nicht oder nicht hinreichend gelungen sind, nachzuholen und bestenfalls aufzuholen. Dadurch kann auch die eigene Identität als Erwachsener gefestigt werden. Es ist zudem eine Zeit, in der man sich von bisherigen Mentoren, Vorbildern und Elternfiguren löst und seinen Platz im Erwachsenenleben sucht. Ein wichtiger Aspekt dieser Phase ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität und der Beziehung zum Gegenüber – es geht darum, die eigene Kraft und Leidenschaft zu spüren und als Ressource zu nutzen, um mit Freude und Lust im Leben zu stehen.

Verfasst von Eleonora Savides Kursleiterin TA Schweiz