Drama- und Gewinner-Dreieck
Zwei praktische Konzepte der Transaktionsanalyse
Mit drei Rollen beschreibt das Drama-Dreieck, wie sich Menschen in Konflikten bewegen und verhalten. Es zeigt auf, wo du für Manipulationen anfällig bist, oder wo du gerne manipulierst. Das Gewinner-Dreieck ist eine Lösungsvariante, die Richtung Autonomie zeigt.
Das Drama-Dreieck
Das Drama-Dreieck wurde von Stephen Karpman definiert, 1972 gewann er damit den EricBerne Memorial Scientific Award. Das Drama-Dreieck beschreibt folgende drei Rollen:
- Die Retter/innen-Rolle (R wie Rescuer)
- Die Opfer-Rolle (V wie Victim)
- Die Verfolger/innen-Rolle (P wie Persecutor)
Untenstehende Abbildung zeigt die Originalgrafik von Stephen Karpman (erschienen 1968 in: Fairy tales and script drama analysis, Transactional Analysis Bulletin, 7(26), 39-43):
Stell dir folgende Situation in einem grösseren Betrieb vor: Herr A sitzt an seinem Bürotisch und schreibt einen Brief. Die Tür fliegt auf und Kollege B stürmt ins Büro. Er wirft Herrn A ein Stück Papier auf den Tisch und sagt: «Ich habe zum zweiten Mal einen Schreibfehler in diesem Brief gefunden! Nun machen Sie doch endlich Ihre Arbeit richtig!» Herr A ist sprachlos. Er hatte den Brief doch extra noch seiner Bürokollegin zum Gegenlesen gegeben und kann sich nicht erklären, wo denn noch ein Schreibfehler sein sollte. Seine Bürokollegin C wird ärgerlich. Sie hat den Kollegen B schon öfters so ins Büro stürmen sehen und hat sein Verhalten satt. Sie steht auf und gibt ihm zurück: «Jetzt halt einmal hier! Sehen Sie denn nicht, dass Sie uns mitten in der Arbeit unterbrechen? Das geht gar nicht! Und sowieso, wir haben beide den Brief sorgfältig durchgelesen.»
Betrachtet man diese Situation von aussen, so erkennt man, dass Herr A und Frau C den sogenannten «Köder» (= wütender Akt und Vorwurf) von Herrn B geschluckt haben und ins psychologische Spiel eingestiegen sind. Im Moment ist Herr A das Opfer, Kollege B der Verfolger und Frau C die Retterin.
Die Rollen können folgendermassen definiert werden:
- Retter/in: Grundposition +/- , ICH-Zustand negatives Eltern-Ich (-nEL)
Springt ein, ohne darum gebeten zu werden, gibt Ratschläge, «vergröbert hilfreich», selbstgerecht, wertet die Lösungskompetenz der anderen und das eigene Bedürfnis nach Nähe ab. - Opfer: Grundposition -/-, -/+, ICH-Zustand angepasstes Kind-Ich (-aK)
Abhängig, hilflos, schüchtern, unwissend, kindlich, «vergröbert leidend», fühlt sich ungerecht behandelt, wertet seine eigene Lösungskompetenz ab. - Verfolger/in: Grundposition +/-, ICH-Zustand kritisches Eltern-Ich (-kEL)
Macht Vorwürfe, kritisiert, lacht aus, setzt herab, klagt an, «vergröbert aggressiv», wertet Wert und Würde der anderen sowie das eigene Bedürfnis nach Nähe ab.
Die Rollen des Drama-Dreiecks sind nicht fixiert. Das heisst, der weitere Verlauf des Spiels bestimmt, wer welche Rolle einnimmt. Das wird in Karpmans Grafik durch die Pfeile, die in beide Richtungen zwischen den Positionen laufen, signalisiert.
So könnte als nächstes Kollege B kleinlaut beigeben und sich nun selber als Opfer fühlen. Herr A könnte sich frisch gestärkt neben Frau C stellen und Kollege B verfolgen und ihn dadurch in seiner Opfer-Rolle bestätigen. Er könnte sagen: «Da ist kein Schreibfehler mehr drin! Wahrscheinlich können Sie einfach nicht so gut Deutsch!».
Dir kommen wahrscheinlich noch viele andere Reaktionsmöglichkeiten in den Sinn. Solange die Grundposition der Beteiligten +/-, -/+ oder sogar -/- bleibt (siehe dazu «Das Konzept der vier Grundhaltungen / Grundpositionen»), gibt es in dieser Situation keine Lösung. Die Beteiligten werden zu einem bestimmten Zeitpunkt die Situation verlassen und ein komisches, unbefriedigendes Gefühl in sich spüren. Auch wenn sie vermeintlich triumphiert haben, ging das auf Kosten eines anderen Beteiligten und das ist spürbar. Kennzeichnend dafür, dass man sich im Drama-Dreieck befand, sind eben diese unguten Verstimmungen und Gefühle am Ende eines Konfliktes.
Eventuell hast du eine Idee für eine Reaktion gehabt, die das Geschehen in diesen Rollen stoppen würde. Eine Lösungsmöglichkeit, die das Erwachsenen-ICH als Ressource nutzt und den Ausstieg aus dem Drama ermöglicht? Dann hast du wahrscheinlich eine Lösung in einer Gewinner/innen-Rolle gefunden.
Das Gewinner-Dreieck
Das Gewinner-Dreieck (publiziert von Acey Choy im TA Journal, Januar 1990) ist eine der OK-Lösungen des Dramadreiecks. Er benennt die Ecken mit den drei Rollen Assertive, Caring, und Vulnerable, was genau übersetzt durchsetzungsfähig, fürsorglich und verletzlich bedeutet. Im deutschen Sprachraum gibt es mehrere Übersetzungen davon, wir benutzen gerne Verhandler/in oder Vermittler/in (an Stelle der Verfolger/innenrolle), Coach (an Stelle der Retter/innenrolle) und Problelöser/in (an Stelle des Opfers). Die beschriebenen Begrifflichkeiten wurden von Werner Vogelauer definiert.
Alle drei Rollen besetzen die positive Grundhaltung +/+, sind sich ihrer Bedürfnisse und Kompetenzen bewusst und tragen aktiv zur Lösung des Problems/Konflikts bei. Die Voraussetzung, dass ich den Schritt mache, ist die Bewusstheit darum, dass die Situation so nicht haltbar ist oder ich leide.